Geschichte
Die historische Geschichte des Shar Pei ist eine Geschichte in zwei Teilen. Um die Rasse heute zu verstehen, muss man die unterschiedliche Geschichte des Shar Pei kennen.
Der Shar Pei in China
Chinesischen Legenden nach ist der Shar Pei über 2000 Jahre alt und war in allen südchinesischen Provinzen beheimatet. Dies bestätigen Augenzeugenberichte alter Chinesen aus verschiedenen Provinzen. So lassen sich einige Shar Pei Population zurückverfolgen, die sich bis vor 70 Jahren über alle südchinesischen Provinzen erstreckten. Interessanterweise mit zwei räumlichen Schwerpunkten, dem südlichen Guangdong und dem nordöstlichen Yunnan, zwischen Sichuan und Guizhou.
Je nach Region nannte man sie Sha Pi Gou (沙皮狗) oder Teng Gou (藤狗). Beide Namen beschreiben dabei die einzigen phänotypischen Merkmale, die diesen Schlag Hund verband. Zum einen das extrem kurze, sehr harsche aufrecht stehende Fell, Sha Pi, zu deutsch Sand Haut. Zum anderen die schlanke und agile Figur, die mit einer Weinrebe, Teng, verglichen wurde. Erst Mitte des letzten Jahrhunderts hat sich der Name Sha Pi Gou, oder eben Shar Pei, durchgesetzt.
Über die Rasse an sich gibt es keinerlei bis heute gefundene historische Aufzeichnungen, doch dank wissenschaftlicher Forschungsprojekte wie "The canine genome" wissen wir, dass der Shar Pei tatsächlich eine sehr alte und ursprüngliche Rasse ist, laut Wissenschaftlern ist ein Alter von über 2000 Jahren durchaus realistisch.
Der Shar Pei war ein vielseitiger Arbeitshund, der je nach Leistungsfähigkeit entweder als Jagd- oder Hofhund der bäuerlichen Landbevölkerung Verwendung gefunden hat und aufgrund seines kurzen Fells und seiner dunkel pigmentierten Haut ausgezeichnet an das südchinesische Klima angepasst war.
Viele historische Ereignisse des letzten Jahrhunderts haben den Shar Pei in China jedoch fast aussterben lassen. Einzig in und um die kleine Stadt Dali, im Südwesten Guangzhous, überlebte eine grössere Shar Pei Population und wird bis heute mit Stolz nach alter Tradition gezüchtet. Dieser primitive und ursprüngliche Typ Shar Pei ist heute als Dali Shar Pei bekannt. Das der Shar Pei diese Zeiten überlebt hat, liegt vor allem daran, das er als Arbeitshund einen elementaren Anteil daran trug, das seine Familie ein Einkommen hatte und von daher gut behandelt wurde. Die von der Regierung unter Mao Zedong eingeführte Luxussteuer auf Haustiere betraf nicht die Arbeitshunde der Landbevölkerung in Dali, wie mir von mehreren Familien bestätigt wurde. Dieser primitive und ursprüngliche Typ Shar Pei ist heute als Dali Shar Pei bekannt, dem 2019 der Status als immaterielles Kulturerbe in der Stadt Dali verliehen wurde.
Das Wissen über diese Rasse wurde vor allem durch die Familien, die den Shar Pei als Jagdhund nutzten und züchteten, mündlich weitergegeben. Die meisten Informationen über die Rasse stammen von Huang ZhaoTao, einem Chinesen, der 1900 geboren wurde. Er hat sein ganzes Leben mit Hunden verbracht und war selbst durch Überlieferungen sehr mit der Rasse vertraut. Vielen der heute älteren, erfahrenen Shar Pei Züchter war er ein Freund und Mentor.
Auch Zhao Qi, oder Onkel Ki, wie er liebevoll von allen genannt wurde, hat nicht wenige Menschen für die Rasse begeistern können. Er war ein bekannter Shar Pei Kenner und in Hong Kong und Guangdong für sein Wissen sehr angesehen. Dank Menschen wie ihnen, werden bis heute Dali Shar Pei anhand des Standards gezüchtet, der durch Huang ZhaoTao und Zhao Qi überliefert und gelehrt wurde.
Mitte der 1990er Jahre wurde der Dali Shar Pei Club gegründet, mit dem Ziel, den ursprünglichen Shar Pei zu schützen gegen Entwicklungen, die einige Shar Pei Freunde als Gefahr für die Rasse ansahen. Denn durch die bevorstehende Rückgabe von Hong Kong an China nahm der Einfluss von Hundehändlern aus Hong Kong zu und über diese wurde in China ein ganz anderer Typ Shar Pei als "echter" Shar Pei propagiert. Dieser Shar Pei war viel faltiger, viel „fleischiger“, hatte viel längeres Fell und war oft sichtbar krank. Die Zahl der ursprünglichen Shar Pei hat sich seit dieser Zeit drastisch verringert und ist in einigen Teilen des Landes fast ganz verschwunden. Die Population im südlichen Guangdong konnte dank einiger Züchter, wenn auch in geringer Zahl, aufrecht erhalten werden und ist bis heute die größte im Land. 2022 zählte der Dali Shar Pei Club gerade einmal noch knapp 200 Hunde in der Region, die jedoch aufgrund der aktuellen wirtschaftlich schwierigen Situation in eine sehr ungewisse Zukunft blicken.
Der Shar Pei in Hong Kong
Bis 1898 gehörte der ländliche Aussenbereich von Hong Kong zur chinesischen Provinz Guangdong. Durch den 1998 ausgehandelten Pachtvertrag sprach die britische Regierung 1899 die Hoheit über diese neuen Territorien (New Territories) aus. Für die Shar Pei Population in den New Territories bedeutete dies eine geographische Trennung von China für knapp 100 Jahre.
Damals war Reinrassigkeit für die primitiven chinesischen Hundetypen unbekannt. Ein Shar Pei hat sich ausschliesslich über sein charakteristisches kurze, harsche Fell definiert. Andere Merkmale, wie die faltige Haut der Welpen, gab es auch bei anderen „Rassen“, wie dem damals noch existenten Sichuan Hund und waren kein spezielles Merkmal. Es gab zu diesem Zeitpunkt zwar mündliche Überlieferungen und Beschreibungen, diese verstand man jedoch als grobe Beschreibung und nicht als festgefahrenen Standard, wie wir ihn heute kennen.
Der Shar Pei war damals ein ebenso primitiver schlanker Hund, wie die meisten Hunde im Süden Chinas, der sich nur durch sein Fell unterschied. In China und in den jetzt zu Hong Kong gehörenden New Territories standen bis 1899 ausschliesslich diese primitiven lokale Hunde für die Zucht zur Verfügung.
Durch die Zugehörigkeit zur britischen Kolonie gelangten immer mehr europäische Hunde nach Hong Kong. Züchter nutzten diese neu zur Verfügung stehenden Europäischen Rassen, wie Mastiffs, Bulldoggen und Pitbulls, um die lokalen Hunde kräftiger und aggressiver und somit gewinnbringender für den damals beliebten Hundekampf zu züchten. Hundekampf war damals ein beliebter Zeitvertreib auf beiden Seiten der neuen Grenze. Einziger Unterschied waren nur die unterschiedlichen Hunde, die für die Zucht zur Verfügung standen und somit den Phänotyp und auch den Genotyp der beiden Populationen unterschiedlich beeinflusste.
Die ersten Rückzüchtungsversuche begannen in den 1960er Jahren, dabei stellte das inzwischen hohe Aggressionspotential, die sehr geringe Anzahl zur Verfügung stehender Hunde und die schwierige wirtschaftliche Situation in den Außenbezirken Hong Kong’s die Shar Pei Enthusiasten vor grosse Herausforderungen. Der ursprünglich sehr primitive Typ Shar Pei war in Hong Kong zu diesem Zeitpunkt fast nicht mehr existent. Die Möglichkeiten nach China zu reisen und sich dort frei zu bewegen waren sehr schwierig. Die ersten Hunde, die von einigen Züchtern für ihre Rückzuchtbemühungen verwendet wurden stammten aus Hundekampf Zuchten, von den Straßen von Hong Kong und denen des benachbarten Macao.
Erste Kontakte mit chinesischen Züchtern gab es erstmals wieder 1976, als ein Shar Pei Züchter aus Hong Kong nach Dali in Guangdong reiste. Zwischen diesem ersten Besuch gab es bis in die 90er Jahre jedoch nur sehr sporadischen Austausch.
Durch die geographische Trennung und die damit verbundene unterschiedliche Entwicklung der Shar Pei Populationen kam es im Laufe der Zeit auch zu einem unterschiedlichen Verständnis für die Rasse auf beiden Seiten der Grenze. Wirtschaftliche Probleme stellten die Rückzüchtungsbemühungen der wenigen Shar Pei Enthusiasten in Hong Kong vor weitere Schwierigkeiten. In Hong Kong hatten nur wenige Menschen Interesse an einem lokalen Hund und die Züchter hatten Probleme ein Zuhause für ihre Welpen zu finden. Um diese Zuchtarbeit fortsetzen zu können, bat einer der Züchter, Matgo Law, amerikanische Rassehundefreunde um Hilfe und kurze Zeit später reisten 1973 die ersten Hunde in die USA und haben sich von dort weiter in der Welt verbreitet. Ein Schritt, der bis heute nicht ohne Kritik gesehen wird, waren die Rückzüchtungsbemühungen zu dem Zeitpunkt noch nicht an dem Punkt, wo die Rasse an sich wieder stabil genug war. Doch in der wirtschaftlich schwierigen Situation erschien es damals als der einzige Ausweg.
In den späteren 1970er und den 1980er Jahren wurde die Shar Pei Zucht in Hong Kong nicht unwesentlich durch die Nachfrage aus dem Ausland beeinflusst. Einige Züchter züchteten nun genau für diesen Markt und seine Bedürfnisse. So entstanden durch gezielte Einkreuzungen neue Farben und der in den USA geschätzte meatmouth Typ wurde bevorzugt. Ebenso wie in den USA entwickelten sich auch in Hong Kong wiederkehrende Gesundheitsprobleme, auch hier ohne züchterische Konsequenzen.
Ende der 1980er Jahre verebbte die Nachfrage nach Shar Pei aus Hong Kong, denn inzwischen gab es genügend Züchter in den USA und auch die ersten in Europa, die den Bedarf decken konnten. Dies führte bei einigen Züchtern wieder zu einer Besinnung auf das ursprüngliche Zuchtziel, die Rückzüchtung zum ursprünglichen, primitiveren Shar Pei. Andere Züchter setzten auf einen neuen Markt. China. Mit der abzusehenden Rückgabe von Hong Kong an China und einer gemäßigteren Politik Chinas in diesen Jahren war ein Austausch mit China nur wieder etwas einfacher und Hundehändler aus Hong Kong nutzten dies und fingen an meatmouth Shar Pei in China selbst zu verkaufen, zu bewerben und sie als echte ursprüngliche Shar Pei zu vermarkten.
Auch in Hong Kong gibt es heute wieder einige wenige Züchter, die sich auf den ursprünglichen chinesischen Shar Pei besonnen haben und diesen züchten. Ihre Hunde stammen überwiegend aus erfolgreicheren Rückzüchtungsbemühungen und Hunden, die in den vergangenen Jahren aus China nach Hong Kong exportiert worden sind. Der Phänotyp unterscheidet sich zwar noch oft vom heute bekannten Dali Shar Pei, aber das nur bedingt durch den leicht unterschiedlichen Genotyp bedingt durch unterschiedliche genetische Einflüsse der Vergangenheit.